Die miese Moral beim Handykauf

Das wird eine öffentliche Beichte. Sie beginnt damit, dass dieser Tage mein iPhone bei einer Bergtour komplett zerborsten ist. Beim Aus- und Umziehen am Rastplatz hoch droben hatte ich es kurzerhand in die Gesäßtasche gesteckt. Als ich beim Abstieg dann ausrutschte und es mich auf den Allerwertesten setzte, zermalmte ich das Telefonkastl zwischen dem Geröll und demselbigen. Das Ding war buchstäblich im A…

So musste unversehens ein neues Handy her. Das bescherte mir über Nacht die pure Qual der Wahl. Denn nicht nur die technische Spezifikation – wovon ich wenig verstehe – war das Problem, sondern die moralische Seite: Die infrage kommenden Hersteller haben rekordverdächtige Sündenregister. Wer also ein Handy kauft, wählt nicht mehr nur Pest oder Cholera, sondern beides zugleich, Pest und Cholera.
Da ist einmal Samsung. Einer der weltgrössten Rüstungskonzerne. Dazu Petrochemieriese. Für einen ökosozial Gesinnten wie mich ein zweifach absolutes no-go! Die Handysparte ist ein Nebenprodukt der Überwachungs- und Waffentechnologie der Südkoreaner. Da überrascht es wenig, dass 2005 ein Korruptionsskandal beispiellosen Ausmasses rund um Samsung aufgeflogen ist mit nachweislich 280 hochkarätigen Namen aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft auf der Empfängerliste (z.T. Gehaltsliste). Die Skandalliste geht noch weiter. 2010 fasste Samsung von der EU eine Preiskartellstrafe in Höhe von 145 Millionen € aus. Auffallend sind auch die miserablen Arbeitsbedingungen, genauer gesagt, die Gesundheitsvorkehrungen bei Samsung. Sie haben gehäufte Blutkrebsfälle unter der Belegschaft zur Folge. Greenpeace charakterisiert Samsung in dem Zusammenhang als „eines der schlimmsten Unternehmen der Welt“. Und dabei haben wir von der brandgefährlichen Galaxy7-Serie noch gar nicht gesprochen, die Samsung heuer zu einer weltweiten Rückrufaktion gezwungen hat. Peinlicher geht kaum.
Also Samsung no-go.

Pest und Cholera, die Nächste = Apple. Da schrillen meine Alarmglocken beim Thema Steuergerechtigkeit. Die geviften Amis haben es geschafft, bei 16 Milliarden € Jahresgewinn die Steuerlast auf 0,005 Prozent zu drücken. Mit billig-opportunistischer Handlangerschaft der irischen Regierung versteuerte Apple laut EU-Kommission bloß 50 Millionen € an Jahreseinnahmen. 2014 entsprach das den genannten obszön niedrigen 0,005 Prozent der tatsächlichen Rendite. Die EU hat Apple zwar unter dem Aufschrei der Steuergerechten heuer zu 13 Milliarden € Steuernachzahlung verdonnert, doch ob Apple die Summe je wird leisten müssen, bleibt fraglich. Zum einen haben die kalifornischen Steuerjongleure wenig Reue gezeigt, und auch in Irland fehlt es einer breiten Mehrheit an nötiger Einsicht.

Die Verkäuferin im Handy-Shop empfiehlt mir Huawei. Hauptsache nicht Samsung und Apple, denke ich mir und greife zu. Bei der Nachlese im Web muss ich freilich bemerken, einen schmutzigen Griff getan zu haben. Der staatsnahe chinesische Technologiemulti steht unter dringendem Dauerverdacht der Spionage; die Datensicherheit der Handys gilt als eine der schlechtesten am Markt. Dazu kommen ebenfalls Korruptionsschlagzeilen sowie mysteriöse Selbstmordserien unter den Mitarbeitern infolge willkürlicher Kündigungen. Nicht zuletzt soll es bei Huawei Kinderarbeit geben bzw. gegeben haben. Der Konzernboss gilt als unverbesserlicher Maoist, soll auch bevorzugt im Mao-Outfit auftreten.

Also ebenfalls no-go. Ich hab das Huawei zurückgegeben, dabei einen empfindlichen Preisverlust in Kauf nehmend, und mir doch wieder ein iPhone zugelegt in der Hoffnung, dass die Amis ihre selbstkonstruierte Steueramnestie aufgeben und zahlen, was angesichts ihrer satten Gewinne gebührt. Solange nütze ich das Telefon mit Skrupeln, aber ich nütze es schon wegen der nützlichen iCloud. Doch ich appelliere sehr an die EU: Kommission halte im Steuerkampf mit Apple durch!